Weltweite "Wuchteln"
1,150.000 Tickets wurden Mitte Mai in Südafrika für die Fußball-Weltmeisterschaft verkauft. Weltweit sind Blicke und Kameras auf das Land an der Südspitze Afrikas gerichtet. Das erste afrikanische Land zu sein, in dem eine Fußball-WM ausgetragen wird, gibt vielen EinwohnerInnen Anlass zum Stolz. Aber wenig Hoffnung. Denn in Südafrika lebt rund die Hälfte der Bevölkerung in Armut. Eine Realität, die in der Arena des Wettkampfs keinen Platz hat.
MILLIARDEN-GEWINNE
Im Vorfeld der Weltmeisterschaft in Südafrika wurden Milliarden Euro investiert, um
Stadien zu bauen und die Städte auf Hochglanz zu polieren. Der Weltfußballverband FIFA rechnet mit Gewinnen von mindestens 2,6 Milliarden Euro, vorwiegend über den Verkauf von Tickets. Über saftige Profite freuen sich auch die Sportartikelriesen, für die die WM schon jetzt ein sicheres Spiel ist. Wenig Anlass zur Freude geben hingegen die Bedingungen, zu denen NäherInnen aus Indien, Pakistan und anderen Produktionsländern für die WM arbeiten.
FUSSBÄLLE ZUM HUNGERLOHN
Die Organisation Südwind hat die Bedingungen vor Ort unter die Lupe genommen: Die NäherInnen erhalten pro Fußball zwischen 5 und 30 Cent. Mehr als vier Bälle pro Tag sind jedoch kaum zu schaffen, daher muss oft die ganze Familie nähen, um sich ernähren zu können. Viele der Näherinnen wurden im Vorfeld zu exzessiven Überstunden gezwungen. Doch die Ausbeutung der ArbeiterInnen soll genauso wenig zum Vorschein kommen wie die sozialen Missstände, die in Südafrika herrschen. Um das WM-Land in einem möglichst positiven Licht zu präsentieren,
wurden laut einem UNO-Bericht rund 20.000 Menschen aus ihren Armensiedlungen vertrieben.
WENIG NACHHALTIG
Beauty Ntombizowda Zibula, Vizepräsidentin der südafrikanischen Textil- und Bekleidungsgewerkschaft SACTWU, zeigte sich bei ihrem Österreich-Besuch Anfang Mai skeptisch, dass sich die WM nachhaltig positiv auf die Wirtschaft im Land auswirke. "Viele Menschen haben jetzt kurzfristig Arbeit gefunden, nach der WM sind sie wieder auf der Straße", so Beauty bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Gewerkschaft PRO-GE und den Organisationen Südwind und weltumspannend arbeiten. "Viele Arbeiterinnen und Arbeiter werden nicht mit Geld entlohnt, sondern mit Nahrungsmitteln", berichtet die Vizepräsidentin. Das verschärfe die dramatische Armut im Land.
ARBEIT STATT WUCHTELN
Beinahe jeder zweite Haushalt Südafrikas muss von weniger als zwei Dollar pro Tag leben. Die Kriminalitätsrate und die Zahl der Aids-Kranken sind fast die höchsten weltweit. Die FIFA könnte durch Verträge einiges dazu beitragen, dass in den WM-Gastgeberländern Menschen- und Arbeitsrechte eingehalten werden. Dann könnten sich auch die Menschen in den Slums über die fliegenden Wuchteln (Fußbälle) während der WM freuen.