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industriAll Europe

"Sicherheit der Menschen muss Vorrang haben"

Resolution vom 9. Juni 2015

industriAll Europe fordert Respekt gegenüber Flüchtlingen

Seit Anfang des Jahres sind mehr als 1.700 Menschen auf ihrer Überfahrt nach Europa gestorben – das bedeutet eine dreißigfache Steigerung der Zahlen des letzten Jahres, die bereits ein nicht zu akzeptierendes und beispielloses Hoch darstellten.

Europa scheint zu vergessen, dass es aus historischen, kulturellen, geographischen und wirtschaftlichen Gründen immer Teil des Mittelmeerraumes war.

Politische Vision fehlt

Das Drama der Flüchtlinge und MigrantInnen, die der Willkür krimineller Organisationen ausgesetzt sind, verdeutlicht das Fehlen einer politischen Vision der EU-Mitgliedstaaten und der EU-Kommission selbst. Kriege, Armut, Diktaturen, kein Zugang zu natürlichen Ressourcen, die oft von Multinationalen Unternehmen ausgebeutet werden, sind Gründe für moderne Migration. Es gibt aber auch andere Faktoren, die für diese Situation verantwortlich sind: die Politik und Gesetze europäischer Regierungen, die keinen sicheren und legalen Zugang zum Gebiet der EU zulassen und Hindernisse bzw. Barrieren schaffen, die tausende Menschenleben im Mittelmeer, in der Sahara und in den Transitländern gekostet haben.

Ausbeutung menschlichen Elends

Ungelöste Konflikte und Kriege haben bislang mehr als 9 Millionen syrische Flüchtlinge, 4 Millionen Flüchtlinge aus Palästina, 2 Millionen irakische Flüchtlinge und 200.000 saharauische Flüchtlinge in der algerischen Wüste zur Folge und der Flüchtlingsstrom aus Afghanistan, Somalia, Eritrea, Sudan , Nigeria und anderen afrikanischen Ländern hält an. Die aktuelle Situation eröffnet die Möglichkeit der weiteren unverhohlenen Ausbeutung menschlichen Elends. Viele Opfer kamen aus den genannten Ländern und hätten wahrscheinlich die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtlinge gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention erfüllt.

Such- und Rettungsaktionen gefordert

Der Exekutivausschuss von industriAll Europe ist tief betroffen über die Serie jüngster Tragödien, die allesamt vermeidbar waren. Im vergangenen Jahr hat der EGB die EU nachdrücklich zur Finanzierung der italienischen Such- und Rettungsaktion Mare Nostrum aufgefordert. Diese Nothilfeaktion hat im Mittelmeer Hunderttausende Menschenleben gerettet. Die geforderte Finanzierung wurde aus fadenscheinigen Gründen abgelehnt. Es ist erschreckend, dass der Sondergipfel der EU am 23. April 2015 zu dieser humanitären Krise wieder einmal versagt hat und sich nicht auf die dringendsten Soforthilfen einigen konnte: Durchführung von Such- und Rettungsaktionen in internationalen Gewässern. Stattdessen hat die EU die Mittel für Frontex erhöht, ohne ihr Mandat für die Grenzkontrollen zu ändern. Der begrenzte Aktionsradius der Operationen Triton und Poseidon wird beibehalten. Das bedeutet, dass die EU insgesamt weiterhin dem Grenzschutz und nicht dem Schutz von Menschenleben Priorität einräumt.

Sparpolitik schadet Flüchtlingen

Während sich der EU-Sondergipfel auf das Prinzip einer Verteilung der Asylsuchenden auf die EU-Mitgliedstaaten einigen konnte – unter Einhaltung der Bestimmungen der Genfer Konvention - und damit ein Schritt in die richtige Richtung getan wurde, sind die von den einzelnen Regierungen mitgeteilten Zahlen angesichts der Millionen Flüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten erschreckend niedrig. Vor dem Hintergrund der Austeritätsmaßnahmen und der Arbeitslosigkeit in Südeuropa ist diese unmenschliche Laissez-faire-Haltung der EU abzulehnen. Europa muss eine proaktive, friedliche Lösung auf Grundlage von Koexistenz, Demokratie, sozialem und wirtschaftlichem Wohl finden. Hierzu muss Europa sowohl im Inland, in seiner Nachbarschaft und als auch in den Ländern Afrikas, aus denen viele Flüchtlinge kommen, in gute Arbeit, soziale Gerechtigkeit, Demokratie und Volkssouveränität investieren. Durch die Austeritätspolitik fehlen den Kommunen die Mittel, die erforderlich sind, um den Bedürfnissen der Asylsuchenden gerecht zu werden.

Verantwortung, Respekt und Würde

Europa steht nicht nur in der Verantwortung, Asylsuchende respekt- und würdevoll zu behandeln, sobald sie unser rettendes Ufer erreicht haben. Es bedarf auch konzertierten Anstrengungen, um die Entwicklungsländer bei der Beilegung von Konflikten und dem Aufbau von Staaten und Kapazitäten zu unterstützen sowie umfassender Unterstützung im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung, um die Lebensqualität der Bevölkerung zu verbessern und dazu beizutragen, dass sich die Menschen selbst versorgen können. Diese Herausforderungen können nur verlässliches, langfristiges Engagement gemeistert werden, das nicht für politischen Opportunismus verkauft werden kann.

Die Sicherheit der Menschen muss Vorrang vor finanziellen und sicherheitspolitischen Überlegungen haben.

industriAll Europe fordert daher:

  1. die sofortige Wiedereinführung von der EU finanzierter Such- und Rettungskationen nach dem Vorbild des Mare Nostrum-Programms;
     
  2. das Unterlassen bewaffneter Interventionen von Booten, auf denen sich Flüchtlinge befinden. Darüber hinaus sollte jedes Vorhaben, die Grenzen Europas zu externalisieren, gestoppt werden.
     
  3. friedliche Lösungen statt militärischer Interventionen im Falle politischer Krisen;
     
  4. verstärkte Anstrengungen, angemessene Lebensbedingungen für Asylsuchende und Flüchtlinge zu gewährleisten; dazu gehört genauso dringend die Verbesserungen der Lebensbedingungen in den Heimatländern der Flüchtlinge. Krieg, Vertreibung und soziales Elend sind die Gründe zur Flucht, die zu beseitigen sind. Nachhaltige Anstrengungen, um mittels ökonomischer und politischer Entwicklung Alternativen in den Ländern zu bieten, aus denen die Flüchtlinge kommen;
     
  5. Einhaltung der UN-Flüchtlingskonvention und Bereitstellung sicherer und legaler Wege für die Menschen, die vor Krieg und Verfolgung flüchten und die Erhöhung der Anzahl derjenigen, die als Flüchtlinge anerkannt werden;
     
  6. sofortige Aufhebung der Dubliner Verordnung, nach der Flüchtlinge in dem Land Asyl beantragen müssen, indem sie ankommen, für ein menschlicheres und gerechteres Verfahren. Mittelmeeranrainerstaaten, die an den Rettungsaktionen beteiligt sind, dürfen nicht über Gebühr belastet werden; darüber hinaus fordert industriAll Europe die finanzielle Unterstützung von „migration welcome centres“ durch die Einrichtung eines europäischen Ad-hoc-Fonds mit dem Ziel der Etablierung eines europäischen Asylverfahrens, an dem sich alle Mitgliedstaaten beteiligen.
     
  7. Einrichtung legaler Migrationskanäle und Unterstützung der Legalisierung von EinwanderInnen ohne Ausweispapiere; gleichzeitig sollte die Richtlinie 55/2001 muss endlich umgesetzt werden und so ein europäisches Sicherheitssystem gewährleistet werden, das die Bewältigung des Flüchtlingsstromes und die gerechte Aufteilung der Flüchtlinge auf die einzelnen Mitgliedsstaaten in der EU ermöglicht. Eine solidarische und faire Verteilung gemäß RL 55/2001 ist umgehend einzuführen.
     
  8. Asylbewerbern muss Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Bildung und dem Gesundheitswesen gewährt werden;
     
  9. das Erreichen des OECD-Entwicklungshilfeziels von 0,7 % des ODA/BNE durch alle EU-Mitgliedsstaaten. Der gezielte Einsatz dieser Mittel in den Ländern mit dem größten Bedarf muss sichergestellt werden.
     
  10. Verzicht auf bilaterale Verhandlungen über das Auslagern der Bearbeitung von Asylanträgen mit Drittländern, die Menschenrechte missachten, wie z. B. Eritrea;
     
  11. Durchführung von Ex ante-Abschätzungen der sozialen, wirtschaftlichen und humanitären Folgen der externen EU-Interventionen; Interventionen im Hinblick auf die Zusammenarbeit für lokale nachhaltige Entwicklung in ärmeren Gebieten, in denen Bevölkerungsrückgang und Migration endemisch sind und in denen multinationalen Unternehmen der Zugang zu europäischen Entwicklungsprogrammen verboten werden sollte. Freizügigkeit und Migration sollten eine Selbstverständlichkeit sein.
     
  12. industriAll Europe und ihre Mitgliedsorganisationen fordern die etablierten politischen Akteure und Institutionen der EU sowie die EU-Mitgliedsstaaten auf, an der erhöhten Akzeptanz der Flüchtlinge in der Gesellschaft zu arbeiten, so dass die verzweifelte Situation von Menschen in Not, die vor Kriegen und politischer Verfolgung fliehen, nicht von Populisten ausgenutzt werden und um rechten Extremismus und Ausländerfeindlichkeit mit Bestimmung entgegen zu treten.
     
  13. Abschließend fordert industriAll Europe eine gewerkschaftliche Solidaritätsaktion am 18. Dezember 2015, dem internationalen Tag der Migranten, in Brüssel.

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