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Frühjahrslohnrunde 2018
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RHI Monofrax (USA): Streiken für die Krankenversicherung

Gesundheitskosten sind bei Tarifverhandlungen Thema Nr.1

Die Beschäftigten von RHI Monofrax sind entschlossen, auch nach der zehnten Streikwoche keine Verschlechterungen bei ihren betrieblichen Krankenversicherungs- und Pensionsvorsorgeleistungen hinzunehmen. Monofrax, ein Unternehmen für die Herstellung von feuerfesten Gussformen vor allem für die Glasindustrie, wurde von der in Österreich ansässigen RHI im Jahr 2007 gekauft. Bei RHI Monofrax in Jamestown (Bundesstaat New York, 30.000 Einwohner) arbeiten rund 160 Beschäftigte. Vertreten werden sie durch die Gewerkschaft United Steelworkers, die IAM (Maschinistengewerkschaft) und die Angestelltengewerkschaft, SEIU.

Kostensenkungsprogramm

In den letzten Jahren gab es eine Reihe von Konzessionen der Gewerkschaften bei den Tarifverhandlungen, nur um die Leistungen für die Krankenversicherung beibehalten zu können. Wie zum Beispiel eine Schlechterstellung bei der Entlohnung für neue MitarbeiterInnen. Jetzt werden weitere Einschnitte verlangt, unter anderem  Kürzungen beim betrieblichen Pensionssystem. Durch das aktuelle Kostensenkungsprogramm möchte das Unternehmen eine Million Dollar (rund 800.000 Euro) einsparen.

Nachdem das Unternehmen sein "bestes und endgültiges Angebot" bei den Verhandlungen Ende September unterbreitet hatte, riefen die 146 Mitglieder der Gewerkschaft  am 29. September einen Streik aus. Mittlerweile haben aus Angst um ihren Arbeitsplatz 16 von ihnen aufgegeben, da der Arbeitgeber Ersatzarbeitskräfte aufnimmt.

Streit um Krankenversicherung

Konfliktthema Nummer eins zwischen Unternehmen und Gewerkschaft sind vor allem die Leistungen des Arbeitgebers zur Gesundheitsvorsorge und die Übernahme von medizinischen Behandlungskosten. Nach den Plänen des Unternehmens soll der ArbeitnehmerInnenbeitrag zur Krankenversicherung (auch für Angehörige) 2015 auf 18 %, 2016 auf 23 % und 2017 auf 28 % erhöht werden. Bisher waren es 13,5 %. Dies bedeutet jährlich bis zu 10.000 Dollar (mehr als 8.000 Euro) zusätzliche Kosten für die ArbeitnehmerInnen.

Das Unternehmen weigert sich auch, über eventuelle Änderungen zu verhandeln. Sollte es nun künftig zu geänderten Vertragskonditionen mit der Privatversicherung kommen, kann das Unternehmen noch höhere Zuzahlungen, Selbstbehalte und geringere Absicherung festsetzen. Die Beschäftigten fürchten, dass damit sämtliche Kosten für die Krankenversicherung auf die ArbeitnehmerInnen abgewälzt werden könnten. Die US-Gewerkschaften haben sich für Unterstützung auch an die PRO-GE gewandt (siehe Solidaritätsschreiben).

Krankenversicherung keine Selbstverständlichkeit

"Wahrscheinlich werden die ÖsterreicherInnen den Kopf schütteln, wieso wir so um unsere Krankenversicherungen kämpfen. Aber viele bekommen erst über die Vereinbarung mit dem Arbeitgeber und über eine betriebliche Kollektivversicherung Zugang zu einer Krankenversicherung. Und die steigenden Gesundheitskosten sind im Moment eines der umstrittensten Themen bei Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern in den gesamten USA. Leider haben wir keine staatliche Gesundheitsvorsorge und Krankenversicherung für alle. Der Großteil der amerikanischen BürgerInnen muss sich privat versichern", sagt Carl Leinonen von der Gewerkschaft SEIU.

Kostenexplosion für Beschäftigte

Welche drastischen Auswirkungen diese Änderungen bei der betrieblichen Krankenversicherung hat, verdeutlicht das Beispiel von einem Beschäftigten und seiner Familie. Karl Seiberg, 36, ist seit neun Jahren als Modellbauer bei Monofrax beschäftigt und gehört mit einem Stundenlohn von 21,06 Dollar (17 Euro) zu den bestverdienenden Facharbeitern im Betrieb. Seine Frau Tabatha ist 35 Jahre alt und gemeinsam haben sie drei Kinder. Shayleen wird im Jänner 17, Sohn Logan ist 14 und Tochter Athena ist elf Jahre alt.

Die Kinder sind in guter gesundheitlicher Verfassung (nur Logan hat eine Gehörminderung auf einem Ohr). Aber Tabatha hat eine schwere chronische Magen-Darm-Erkrankung und Karl leidet unter Diabetes. Karl Sieberg hat nach dem alten Schema 66,45 Dollar (54 Euro) pro Woche an Versicherungskosten bezahlt. Mit der nun vom Unternehmen verlangten Erhöhung des Arbeitnehmerbeitrags für sich und Familienangehörige muss er nun 148 Dollar (120 Euro) pro Woche zahlen - das sind 500 Euro im Monat.

Zu den erhöhten Versicherungsprämien kommen noch Vorauszahlungen von jährlich 2.000 Dollar (mehr als 1.600 Euro), um überhaupt versichert zu werden, sowie Selbstbehalte für medizinische Leistungen von 20 %.

Operation nicht mehr leistbar

Im Juni 2014, als Seiberg noch die günstige Krankenversicherungsregelung hatte, konnte er sich eine Rückenoperation leisten. Damals wurde von der betrieblichen Krankenversicherung 10.000 Dollar (rund 8.000 Euro) an Arzt- und Operationskosten übernommen. Heute müsste Seiberg davon 3.600 Dollar (rund 3.000 Euro) selbst aufbringen. Mit der neuen Regelung wäre die Operation unerschwinglich. "Das Schlimmste ist jedoch, dass das Unternehmen die Versicherungsprämien künftig weiter erhöhen kann. Damit könnten die jährlichen Kosten allein für die Krankenversicherung auf 20.000 bis 30.000 Dollar (16.000 bis 24.000 Euro) steigen. Das können sich die Beschäftigten und ihre Familien nicht mehr leisten", so Seiberg.

"Jetzt haben wir eine schlechtere Krankenversicherung, für die wir immer mehr zahlen müssen und sie drücken uns weiter, wo es nur geht. So darf man Menschen nicht behandeln", bringt es Seibergs Kollege Paul Norman (45), der selbst zwei kranke Kinder hat, auf den Punkt.

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