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Frühjahrslohnrunde 2018
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Die TeilnehmerInnen bei Vorkonferenz in Amsterdam

Wie lange können wir uns noch Schokolade leisten?

Armut und Kinderarbeit durch desaströse Kakaopreise

Von 9.-13. Juni 2014 fand in Amsterdam die 2. World Cocoa Conference statt. Industrie und Handel beschäftigte vor allem die weltweite steigende Nachfrage nach Schokolade und die nicht mehr gesicherte Versorgung mit Kakaobohnen. Über 20 Gewerkschaften und NGOs aus Europa und den Anbauländern beteiligten sich ebenfalls an den Gesprächen und setzten sich für faire Handelsbeziehungen ein. Für Österreich nahmen die PRO-GE und die entwicklungspolitische NGO Südwind an den Gesprächen für eine nachhaltige Schokoladeproduktion teil.

Weltweite Nachfrage nach Schokolade steigt

Seit den 1980er Jahren sind die Kakaopreise real um die Hälfte gefallen. Das hat dazu geführt, dass die KakaobäuerInnen und Bauern die Produktion einschränken mussten und veraltete Bestände von Bäumen nicht ersetzen konnten. Nun steigt die weltweite Nachfrage nach Schokolade. Um Engpässe zu verhindern, müsste der weltweite Ertrag um ca. 100.000 Tonnen pro Jahr angehoben werden, wie eine Erhebung des weltweit größten Kakaoverarbeiters Barry Callebaut aus der Schweiz ergab. Weltweit werden derzeit jährlich 3,5 Millionen Tonnen produziert, mit wenig Potential zur Steigerung. Im Gegenteil werden zurzeit die Lager leergeräumt um die aktuelle Nachfrage zu bedienen.

Nur sechs Prozent des Verkaufspreises an BäuerInnen

Durch die hohe Nachfrage kam es bereits letztes Jahr zu einer fast 20-prozentigen Preissteigerung. Die höheren Umsätze kommen jedoch bis dato nicht bei den ProduzentInnen an. Bekamen sie 1980 noch 16 Prozent, erhalten die Kakaobäuerinnen und -bauern aktuell nur mehr sechs Prozent am Anteil des Verkaufspreises einer Tafel Schokolade. Während Mondelez, unter anderem Produzent des österreichischen Marktleaders Milka (mit über 50 Prozent Marktanteil in Österreich), sich über fast eine Milliarde Euro Gewinn freut, hat der seit Jahren tobende Preiskampf dazu geführt, dass Millionen von Kakaobauern und –bäuerinnen und ihre Familien unter der absoluten Armutsgrenze von 1,25 US-Dollar pro Tag leben müssen.

Bedarf kann bald nicht mehr gedeckt werden

Gerhard Riess, Mitglied des europäischen Gewerkschaftsnetzwerkes cocoanet.eu und Vertreter der PRO-GE bei der Konferenz in Amsterdam, verortet Versäumnisse von Seiten der Industrie: „Viele Jahrzehnte war es für Industriestaaten und multinationale Konzerne ganz einfach, Menschen aus dem Süden auszubeuten. Wir stehen nun vor einer völlig neuen Situation. Die Kakaofelder sind von der intensiven Bewirtschaftung der letzten Jahrzehnte ausgepowert: Sinkende Erträge, Perspektivlosigkeit und Landflucht führen dazu, dass der steigende Bedarf der Industrie an Kakaobohnen bald nicht mehr gedeckt werden kann. Die Bauern werden immer älter und es finden sich kaum noch junge Bäuerinnen und Bauer, die den Kakaoanbau weiterführen“.

Kinderarbeit ist Folge der Niedrigpreispolitik

Bernhard Zeilinger, Leiter der Südwind-Kampagne „Make Chocolate Fair!“ und ebenfalls Teilnehmer an der Konferenz in Amsterdam, stellt fest: „Von den Preissteigerungen profitieren im Moment nur die Kakaohändler. Die 5,5 Millionen Kakaobäuerinnen- und Bauern werden weiterhin ausgebeutet, verarmen und setzen Kinder zur Arbeit auf den Kakaofeldern ein, um die Kosten soweit als möglich zu reduzieren. Der Einsatz von KinderarbeiterInnen ist eine nachweisbare Folge der Niedrigpreispolitik der multinationalen Schokoladenindustrie und diese sind daher auch direkt zur Verantwortung zu ziehen. Ein erster Schritt wäre die ausschließliche Verwendung von zertifizierten Kakaobohnen von Anbietern wie FAIRTRADE, UTZ certified oder Rainforest Alliance.“

Mehr als 500.000 Kinder arbeiten unter verbotenen Bedingungen

Wie eine Erhebung durch die US-amerikanische Tulane Universität 2011 ergab, arbeiten 820.000 Kinder in der Elfenbeinküste und etwa eine Million Kinder in Ghana auf Kakaofarmen – darunter 260.000 in der Elfenbeinküste und 270.000 in Ghana unter Bedingungen, die laut Internationalen Bestimmungen von ILO und UN (ILO Richtlinien 182 und 138, UN Kinderrechtskonvention Artikel 32/1) strengstens verboten sind. Zwar haben sich viele Schokoladekonzerne durch die Unterzeichnung des Harkin-Engels Protokolls 2001 aufgrund des wachsenden Drucks der Zivilgesellschaft selbst verpflichtet, aktiv gegen Kinderarbeit vorzugehen, aktuelle Zahlen zeigen jedoch kaum Verbesserungen.

Schokolade bald so teuer wie Champagner

Auf die zu erwartenden Lieferengpässe reagiert die Industrie nun, indem sie millionenschwere Förderprogramme zur Steigerung der Produktivität der Kakaoplantagen ins Leben ruft. „Kurzfristige Produktionssteigerungen durch einen verstärkten Einsatz von Düngemitteln und andere Chemikalien gefährden die Gesundheit der ProduzentInnen und sind eine Mogelpackung, weil sie im Gegensatz zu menschenwürdigen Arbeitsbedingungen und ökologischen Kakaoanbau nicht nachhaltig sind – im Gegenteil“, so Bernhard Zeilinger und fährt fort: „All die heutigen Missstände im Kakaoanbau und die Aussicht, dass Schokolade bald so teuer werden könnte wie Champagner sind Folgen der jahrzehntelangen Niedrigpreispolitik. Wir fordern daher die Schokoladenunternehmen auf in nachhaltige Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für Millionen von Bäuerinnen und Bauern zu investieren und eine gerechte Verteilung der Wertschöpfung entlang der Produktionskette durchzusetzen. Zudem wäre dadurch auch der Kinderarbeit nachhaltig die Grundlage entzogen.“

Bereits 36.000 unterstützen Make Chocholate Fair! Kampagne

Die europaweite Make Chocolate Fair! Kampagne, in der sich auch die PRO-GE engagiert, betont den Wert fairer Handelsbeziehungen für das menschenwürdige Überleben von über 20 Millionen Menschen, welche auf die Einnahmen aus dem Kakaoanbau weltweit angewiesen sind. Die Einhaltung internationaler ArbeiterInnenschutzbestimmungen und gerechte Entlohnung für die Arbeit auf Kakaofeldern schützt Kakaobauern und –bäuerinnen vor Verarmung und richtet sich gleichzeitig gegen ausbeuterische Kinderarbeit. Die PRO-GE ruft deshalb zur Unterzeichnung der gemeinsamen Petition für den Arbeitsschutz und faire Handelsbeziehungen unter at.makechocolatefair.org auf. 36.000 UnterstützerInnen sind dem Aufruf bereits gefolgt und geben den Forderungen Gewicht.

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