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Frühjahrslohnrunde 2018
Frühjahrslohnrunde 2018
Symbolbild Puzzle-Weltkugel Was in vielen Ländern Europas gerade vor sich geht gleicht einem Kahlschlag.

Europa in der Schuldenkrise

Es hagelt Sparpakete und Kürzungen, europäische Gewerkschaften wehren sich.

Die Schuldenkrise hat die Euro-Staaten fest im Griff, es hagelt Sparpakete und Sozialkürzungspläne. Zum Großteil treffen die Belastungen die BürgerInnen, die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer. Oft sind es nur die Gewerkschaften, die sich gegen ein Kaputtsparen zulasten der ArbeitnehmerInnen stemmen. Ein kurzer Überblick.

Was in vielen Ländern gerade vor sich geht gleicht einem Kahlschlag: Gehalts- und Pensionskürzungen, Stellenabbau, Beschneidung der ArbeitnehmerInnen-Rechte, Kürzung der öffentlichen Investitionen, Privatisierungen, Steuererhöhungen. Die Auswirkungen des Sparwahns vieler Regierungen bekommen vor allem die ArbeitnehmerInnen zu spüren, große Vermögen und Unternehmen bleiben meist unangetastet. Die Pläne, die Macht der Wirtschaft auf Kosten der BürgerInnen und ArbeitnehmerInnen auszubauen sind nicht neu. Unter dem Vorwand der Krise und des "Sparen-müssens" werden solch neoliberale Wunschvorstellungen aber populär. In Griechenland und Ungarn ist es mittlerweile so weit, dass immer mehr Menschen auf Lebensmittelspenden und kostenlose medizinische Versorgung durch Hilfsorganisationen angewiesen sind. 

Ungarn

Internationale Kritik erntete nicht nur das neue Medienrecht und die massiven Einsparungen des rechtskonservativen Premiers Viktor Orbán, das die Pressefreiheit massiv einschränkt. Auch das neue Arbeitsrecht wird von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) scharf kritisiert. Wie die Tageszeitung "Pester Lloyd" berichtet, werden ein entrechtendes Arbeitsrecht, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Gulag-Stil sowie die systematische Entmachtung der Gewerkschaften zu gefährlichen gesellschaftlichen Spannungen führen. Nur einige Auswirkungen des neuen Arbeitsrechts: weniger Urlaub, Verlust von Schichtzulagen, keine zwingende Auszahlung von Überstundenzuschlägen, mehr arbeiten für weniger Geld, Entfall des Kündigungsschutzes für Mütter im Erziehungsurlaub und ältere ArbeitnehmerInnen, Gewerkschaften dürfen Beschäftigte nicht mehr vor Gericht oder einer Behörde vertreten usw. Als einzige Chance sich zu wehren sehen ExpertInnnen, wenn die vielen Einzelgewerkschaften geschlossen agieren.

Slowakei

Obwohl die slowakische Wirtschaft 2011 um 3,3 Prozent wächst, trat mit 1. September ein neues Arbeitsgesetz in Kraft, das erhebliche Verschlechterungen für ArbeitnehmerInnen und Gewerkschaften mit sich bringt. Damit sind etwa gewerkschaftliche Aktivitäten in einem Betrieb nur noch gestattet, wenn dem Dienstgeber auf Verlangen nachgewiesen wird, dass mindestens 30 Prozent der Belegschaft Mitglieder sind. Die gesamten Beiträge zur Sozialversicherung sollen auf die ArbeitnehmerInnen überwälzt werden. BetriebsrätInnen dürfen in Zukunft Vereinbarungen mit dem Dienstgeber schließen, welche mit Regelungen in Kollektivverträgen konkurrieren. Außerdem ist es nun möglich, 400 Überstunden pro Jahr anzuhäufen, für Führungskräfte sind ab sofort 550 Stunden pro Jahr möglich.

Griechenland

2009 legte Griechenland seine dramatische finanzielle Situation offen und löste damit das Krisen-Comeback in Europa aus. Das Land weist derzeit einen Schuldenstand von rund 150 Prozent des BIP auf. Das Rettungspaket wurde zuletzt auf insgesamt 109 Milliarden Euro ausgeweitet. Die umgesetzten Sparmaßnahmen am Bosporus sind die wohl EU-weit umfassendsten, die Menschen und Gewerkschaften protestieren lautstark. Bisherige Maßnahmen umfassten einen Aufnahmestopp und acht Prozent Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst, den Wegfall des 13. und 14. Monatsgehalts bei höheren Beamtengehältern und Pensionen, die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 21 auf 23 Prozent. Weiters wurden die Abgaben auf Treibstoff, Alkohol, Tabak, Luxusgüter und Glücksspiel um zehn Prozent erhöht, öffentliche Investitionen um eine Milliarde Euro gekürzt und Privatisierungen durchgezogen.

Rumänien

Das ohnehin arme Land entschied sich für strikte Sparmaßnahmen, um einen Kredit in Höhe von 20 Mrd. Euro des IWF und der EU zu erhalten. Sozialleistungen wurden um 15 Prozent gekürzt, rund eine Viertel Million öffentlich Bedienstete soll entlassen werden, das Pensionsalter wird auf 65 Jahre angehoben und die Arbeitsverfassung wird abgeändert, was unter anderem Kollektivvertragsverhandlungen, Arbeitsgerichte, den Status von Gewerkschaften sowie Veränderungen des individuellen Arbeitsrechts betrifft.

Frankreich

Trotz solider Wachstumszahlen droht auch Frankreich tiefer in den Strudel der Schuldenkrise zu geraten. Angesichts des hohen Budgetdefizits nimmt die Regierung in Paris nun die Sozialausgaben ins Visier. Präsident Nicolas Sarkozy kündigte die Einsetzung eines Expertengremiums an, das auch eine höhere Mehrwertsteuer zur Finanzierung niedrigerer Sozialabgaben prüfen soll. Die fünf größten Gewerkschaften Frankreichs haben zu Protesten gegen die Sparpläne der Regierung aufgerufen. Sparsamkeit allein sei nicht die Lösung der Krise und würde das Land bloß in eine Wirtschaftsflaute treiben. Sie erklärten den 13. Dezember zum nationalen Protesttag. Die Regierung hatte in den vergangenen vier Monaten bereits zwei Sparpakete vorgestellt. 

Portugal

Das am meisten subventionierteste Land der EU musste Mitte Mai ebenfalls ein Rettungspaket in der Höhe von 78 Mrd. Euro in Anspruch nehmen. Der Schuldenstand des Landes liegt derzeit bei rund 90 Prozent der Wirtschaftsleistung. Ein umfassendes Sparprogramm sieht folgende massiven Eingriffe vor: Lohnkürzungen, maximale Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes auf 18 Monate gekürzt, Kürzungen im Bildungs- und Gesundheitssektor, Stellenabbau im öffentlichen Sektor, Erhöhung der Mehrwertsteuer und Privatisierungen der Staatskonzerne. 

Italien

Im Oktober und November kam es zu einer Streikwelle in Italien. Zuletzt demonstrierten auch MetallerInnen gegen den Autokonzern Fiat, der Standorte schließt und aus dem Kollektivvertrag aussteigen will. Im Dezember gab es Protestmaßnahmen gegen die Sparmaßnahmen, denn trotz des Abgangs von Silvio Berlusconi, steckt Italien weiter in der Schuldenkrise. 2011 beträgt das Wachstum nur 0,5 Prozent, die Staatsverschuldung liegt bei 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die neue Regierung unter dem früheren EU-Kommissar Mario Monti versucht, dem Abwärtstrend durch ein Sparprogramm zu entkommen: Das Rentenalter soll bis 2026 auf 67 Jahre von derzeit 65 Jahren steigen, die Mineralölsteuer soll angehoben werden.

Tschechische Republik

Obwohl die Staatsverschuldung nur rund 35 Prozent des BIP beträgt, hat die Regierung durch eine Notstandsverordnung Kürzungen von Sozialleistungen, im öffentlichen Dienstleistungsbereich und steuerrechtliche Änderungen durchgesetzt. Unter anderem wird das Krankenstandsgeld auf 60 Prozent der Grundleistung und das Pflegegeld gekürzt, die Lohnfortzahlung durch die Arbeitgeber wird von 21 auf 14 Tage herabgesetzt. Der gesetzliche Mindestlohn in Tschechien wurde seit 2006 nicht mehr erhöht und eine Sondersteuer auf staatliche Wohnbeihilfen und die Besteuerung von Sonderzulagen für pensionierte Polizisten und Staatsbedienstete wurde eingeführt. 

Das Tempo, mit dem die Wünsche der neoliberalen Arbeitgeberverbände unter dem Vorwand der Schuldenkrise umgesetzt werden, ist enorm. Gewerkschaften und protestierenden BürgerInnen, die sich gegen die Verschlechterungen wehren, kommt eine wichtige Rolle zu. Denn nur wenn die Menschen ihre Rechte und sozialen Errungenschaften verteidigen und auch von den Reichen einen fairen Beitrag einfordern, kann verhindert werden, dass Wirtschaft und Finanzmärkte die Politik und damit unser Leben diktieren.

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