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Frankreich: Proteste gegen Arbeitsmarktreform dauern an

Die Rolle des CGT-Chefs Philippe Martinez

Der derzeit wohl härteste Gegner von Frankreichs Staatschef Francois Hollande trägt einen kräftigen Schnauzbart, einen spanischen Nachnamen und war den meisten Franzosen vor eineinhalb Jahren noch vollkommen unbekannt. Als Chef der mächtigen Gewerkschaft CGT ist Philippe Martinez zum Gesicht der Protestbewegung gegen Hollandes Arbeitsmarktreform geworden.

Der 55-Jährige steht hinter den Streiks und Blockaden, die vergangene Woche für Benzinknappheit in Frankreich sorgten - und eineinhalb Wochen vor der Fußballeuropameisterschaft spielt der Gewerkschaftschef weiter mit den Muskeln.

Inzwischen deutet sich nach Monaten des erbitterten Streits um die geplante Lockerung des Arbeitsrechts langsam so etwas wie eine Entspannung an: Der sozialistische Premier Manuel Valls griff am Wochenende zum Hörer und rief den Generalsekretär von Frankreichs ältester und größter Gewerkschaft an. "Wenn man miteinander redet, ist es doch besser", zeigte sich Martinez zufrieden - blieb aber bei seinen Forderungen hart.

Proteste seit drei Monaten

Schon seit drei Monaten erlebt Frankreich eine Protestwelle gegen Hollandes Vorhaben, mit einer Lockerung von 35-Stunden-Woche und Kündigungsschutz die hohe Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Martinez trieb dann eine Radikalisierung der Proteste voran: Streiks und Blockade von Treibstofflagern und Ölraffinerien führten in Frankreich zu chaotischen Zuständen, an den Zapfsäulen bildeten sich lange Schlangen.

Der Chef der weit links stehenden CGT wurde damit für die einen zur Hassfigur, die für eine Verkrustung Frankreichs und einen ideologisch aufgeladenen Klassenkampf steht. 67 Prozent der Franzosen haben laut einer Umfrage eine schlechte Meinung von Martinez, Arbeitgeberpräsident Pierre Gattaz verglich die CGT wegen ihrer Blockaden gar mit "Terroristen". Für viele ist Martinez aber eine Galionsfigur geworden, der unbeugsame Verteidiger des französischen Arbeitsrechts.

Der Weg an die Spitze der CGT

An die CGT-Spitze war der 1961 als Sohn spanischer Einwanderer geborene Martinez unter chaotischen Umständen gekommen: Als Gewerkschaftschef Thierry Lepaon Anfang 2015 in einer Affäre um seinen aufwendigen Lebensstil zurücktreten musste, wurde händeringend ein Nachfolger gesucht. Die Wahl fiel auf Martinez, lange Jahre beim Autobauer Renault beschäftigt und zuletzt Chef der CGT-Metallsparte. "Er hatte nicht den Ruf, ein Harter zu sein, sondern ein Pragmatiker, mit dem man reden kann", sagt der Gewerkschaftsspezialist Jean-Francois Amadieu. Aus der kommunistischen Partei war Martinez schon 2002 ausgetreten. Die CGT war aber heillos zerstritten, als Martinez ihre Führung übernahm - und der neue Generalsekretär erkannte als gewiefter Taktiker schnell die Chance, mit einer harten Linie gegen Arbeitgeber und Regierung wieder für Einheit zu sorgen. "Martinez hat sich entschieden, dem harten Flügel der CGT das Wort zu geben", sagte ein Gewerkschaftsfunktionär kürzlich.

Es geht um viel

"Er setzt darauf, dass er so die Truppen wieder zusammenschweißt." Und es geht nicht nur um den inneren Zusammenhalt der Gewerkschaft: Die CGT verliert seit Jahren an Boden, bei den landesweiten Betriebsratswahlen im kommenden Jahr könnte sie von der reformorientierten CFDT überholt werden. An der Spitze der Protestbewegung gegen die Arbeitsrechtsreform hofft Martinez, die CGT für die Beschäftigten wieder attraktiver zu machen - riskiert aber zugleich, viele moderater eingestellte Arbeitnehmer zu verprellen. Zumal nach wie vor unklar ist, wie sich der Konflikt um Hollandes Vorhaben weiter entwickeln wird. Die Regierung hält an den Grundzügen der Reform fest, ein Kompromiss ist noch nicht zu erkennen. Und all das weniger als eineinhalb Wochen vor Beginn der Fußball-EM in Frankreich. Könnte die CGT das Turnier als Bühne für ihre Proteste nutzen, wie viele befürchten? "Wir werden die Menschen nicht daran hindern, Fußballspiele zu sehen, aber die Regierung muss bereit sein zu diskutieren. Alles liegt nun in ihren Händen", sagte Martinez unlängst. Wirklich beruhigend klingt das nicht.

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