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Frühjahrslohnrunde 2018
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Regierungsprogramm: Alles für die Unternehmer

Arbeitnehmerinnen profitieren kaum

Regierungsvorhaben auf dem Prüfstand

Obwohl das Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ in vielen Punkten nicht sehr konkret ist, finden sich zahlreiche Angriffe auf die ArbeitnehmerInnen und ihre Rechte. Damit einher geht eine Schwächung des Sozialstaates und der Mitbestimmungsrechte von ArbeitnehmerInnen. Wir haben uns ein paar Vorhaben genauer angesehen.

1) Modell á la Hartz IV in Deutschland

Niemand ist gerne arbeitslos. Wenn man doch in diese Lage kommen sollte, könnte einem in Zukunft ein eisiger Wind entgegenwehen. Bereits Ende Mai sorgte eine vom Finanzministerium in Auftrag gegebene Studie für Empörung, welche Auswirkungen die Einführung des deutschen Hartz-IV Modells in Österreich hätte. Nach den Plänen der neuen Bundesregierung soll ein ähnliches Modell nun auch kommen. Die Notstandshilfe soll abgeschafft und in das Arbeitslosengeld integriert werden, wobei die Unterstützung im Laufe der Zeit abnimmt. Wörtlich heißt es: "Arbeitslosengeld Neu: Degressive Gestaltung der Leistungshöhe mit klarem zeitlichen Verlauf und Integration der Notstandshilfe." Das könnte heißen, dass die Leistung ausläuft, wenn die Arbeitslosigkeit zu lange andauert und arbeitslose Menschen dann in die Mindestsicherung fallen.

Erfahrungen aus Deutschland zeigen, dass dieses Modell verstärkt zu Erwerbsarmut führt, denn wenn der Druck steigt, ist man eher bereit, auf Entgelt zu verzichten. Gepaart mit den Vorhaben, den Berufs- und Entgeltschutz „zu überprüfen“, die zumutbaren Wegzeiten zu erhöhen, und dass Krankenstände die Bezugszeit von Arbeitslosengeld nur bei Krankenhausaufenthalt verlängern soll, ist zu befürchten, dass – wie auch in Deutschland nach der Einführung von Hartz IV – der Niedriglohnsektor stark wachsen wird. Die Armutskonferenz hat berechnet, dass bei Hartz IV in Österreich 160.000 Menschen zusätzlich armutsgefährdet wären.

Neu ist auch die geplante „Rückführung“ von in Österreich arbeitslos gewordenen Personen in ihre Herkunftsländer (sowohl EU-Länder als auch Drittstaaten), jedenfalls nach Auslaufen des Arbeitslosengeldbezuges.

2) 12-Stunden-Tag gefährdet Überstundenzuschläge

Arbeitszeitregelungen sollen nach Vorstellung der neuen Regierung künftig vermehrt auf betrieblicher Ebene erfolgen. Es ist geplant die tägliche Höchstgrenze der Arbeitszeit auf 12 Stunden täglich und 60 Stunden wöchentlich anzuheben. Sonderüberstunden sollen leichter möglich sein, die Ausnahmen von Sonn- und Feiertagsruhe sollen auf Betriebsebene abgesegnet werden, im Tourismus ist geplant die Ruhezeit auf acht Stunden täglich herabzusetzen, bei Gleitzeit soll es ebenfalls eine Ausweitung der höchstzulässigen Arbeitszeit auf zwölf Stunden täglich, fünf Mal pro Woche geben und die Schaffung eines Zeitwertkonto-Modells (Arbeitszeit-Sparbuch) wird „geprüft“.

Obwohl die einzelnen Punkte im Detail mehrere Fragen aufwerfen, ist die Richtung klar, in die die Vorhaben deuten: Arbeitszeiten sollen tendenziell ausgeweitet und nicht mehr im Kollektivvertrag, sondern im Betrieb bzw. mit dem/der einzelnen ArbeitnehmerIn vereinbart werden. Es ist zu befürchten, dass es in Branchen wie dem Tourismus zu einer massiven Verschlechterung der Arbeitsbedingungen kommt. Die Ausweitung der Arbeitszeit bei Gleitzeit auf 12 Stunden pro Tag macht in Kombination mit den anderen Vorhaben nur dann Sinn, wenn dies im Rahmen der (zuschlagsfreien) Normalarbeitszeit geschehen soll. Somit ginge es um das Streichen von Überstundenbezahlung.

Gleichzeitig stehen der Beschäftigungsbonus und die Beschäftigungsaktion 20.000, die zur Förderung älterer Arbeitnehmerinnen ins Leben gerufen wurde, auf der Kippe. Das Zugangsalter zur Altersteilzeit soll angehoben werden (von derzeit 53/58 auf 55/60), auch das Fachkräftestipendium wird angezweifelt. Es ist außerdem geplant die Zumutbarkeit der Wegzeiten anzuheben und "Berufsschutz und Entgeltschutz in Richtung stärkerer Arbeitsanreize" zu "überprüfen".

3) Einschränkung der betrieblichen Mitbestimmung

In Bezug auf die Belegschaftsvertretung haben ÖVP und FPÖ festgehalten, dass JugendvertrauensrätInnen abgeschafft und Arbeiter- und Angestelltenbetriebsräte angeglichen werden sollen. JugendvertrauensrätInnen vertreten in den Betrieben erfolgreich die Interessen der Lehrlinge, wir stellen uns klar gegen diese Forderung.

Die Forderung nach einer verstärkten Gestaltung der Arbeitsverhältnisse mit dem Betriebsrat und dem/der einzelnen ArbeitnehmerIn zielt darauf ab, branchenweite Vereinbarungen im Kollektivvertrag auszuhebeln. Betriebe mit Betriebsrat geraten damit etwa bei Arbeitszeitfragen, Löhnen und Gehältern unter Druck. Es ist anzunehmen, dass das Problem in Betrieben ohne Betriebsrat noch deutlicher wird. Einzelne ArbeitnehmerInnen werden wohl kaum in der Position sein, Rahmenbedingungen zu verhandeln.

Über die geplante „Angleichung der Belegschaftsorgane“ (=Betriebsrat) kann man derzeit nur spekulieren. Arbeiter- als auch Angestelltenbetriebsrat sind gleich, es gibt auch keine Unterschiede bei den Rechten zur Wahl. Der Punkt ergibt nur Sinn, wenn damit die Zusammenlegung gemeint ist, was eine Reduktion und eine weitere Schwächung der betrieblichen Mitbestimmung bedeutet.

4) Maßnahmen zulasten von KleinverdienerInnen und Personen mit Kindern

Die Beiträge zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) sollen weiter reduziert werden. Aus dem Fonds werden derzeit 70 Prozent der Aufwendungen für das Wochengeld an die Krankenkassen überwiesen und an die Pensionsversicherung 75 Prozent der Aufwendungen für die Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten. Werden diese Zahlungen gekürzt, wird dies zwangsläufig zu einer Diskussion über Leistungskürzungen führen, was in der Praxis vor allem Frauen und Familien mit Kindern treffen wird.

Die Deckelung der Mindestsicherung mit maximal 1.500 Euro würden de facto ausschließlich Familien mit mehreren Kindern treffen, da damit die Kinderzuschläge gestrichen werden.

An dem geplanten Familien-Steuerbonus ist zu kritisieren, dass er nur Menschen etwas bringt, die steuerpflichtig sind. Das heißt, einkommensschwachen Haushalten, die diese Maßnahme am ehesten brauchen würden, kommt das nicht zugute.

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