topimage
PRO-GE
FrauenJugendBetriebsratPensionistInnen
Frühjahrslohnrunde 2018
Frühjahrslohnrunde 2018
BetriebsrätInnenservice-Logo
Bildungsangebote
ÖGB-Logo

Gesunde Wege zur Produktivität

Interview im Mitgliedermagazin Glück auf!

Gesundheitsexperte im Gespräch zur Betrieblichen Gesundheitsförderung.

Dr. Rudolf Karazman ist Wissenschaftlicher Leiter und Gründer des Instituts für Humanökologische Unternehmensführung und Experte für betriebliche Gesundheitsförderung

Glück auf!: "Hauptsache g’sund" - ein viel gehörtes aber kaum gelebtes Motto. Wie kann man das Thema Gesundheit auch in der Arbeit aus dem Stiefkind-Dasein holen?

Karazman: Wenn MitarbeiterInnen nicht nur als Kosten, sondern als Kostbarkeiten betrachtet und ihre Gesundheit als wesentlicher Teil eines Unternehmenswertes sichtbar wird. Die Wertschöpfung der Mitarbeiter ist die Quelle des betrieblichen Erfolges und hängt vom Arbeitsvermögen ab. Das Arbeitsvermögen der Mitarbeiter ist daher eine strategische Aufgabe der Führung und die zentrale Aufgabe der Betriebsräte.

Glück auf!: Je länger die Arbeitszeiten, desto höher die Produktivität - sagen die ArbeitgeberInnen. Was sagt der Gesundheitsexperte?

Karazman: Das ist grundfalsch und gefährlich. In unseren Studien sehen wir, dass Menschen mit Sinnerfüllung im Beruf UND im Privaten die weitaus beste körperliche und psychische Gesundheit haben, die geringsten Krankenstände und den längsten Verbleib. ArbeitgeberInnen, die nur das Funktionieren eines Menschen im Betrieb im Auge haben, verlieren viel Geld.

Gesundheit braucht auch Anstrengung, sonst sinken die Kapazitäten und selbst kleine Anforderungen werden zu viel. Keine Anstrengung macht krank, nur Anstrengung macht auch krank. Entscheidend ist der Wechsel von Anstrengung und Regeneration. Biologisch brauchen wir für die beste Leistung optimale Anforderungen und nicht maximale. Leistungsdruck unterwandert die Leistung und ihre Qualität und ist betriebswirtschaftlich verlustbringend.

Glück auf!: Worauf zielt betriebliche Gesundheitsförderung konkret ab? Wer profitiert davon?

Karazman: Letztendlich zielt Gesundheitsförderung darauf ab, dass die Arbeit leichter gemacht werden kann, und dass wir als Mensch aufblühen. Indem die Anforderungen von Unnötigem, Widersprüchen und Chaos befreit und dadurch kleiner werden bei höherem Output, indem die beruflichen Kompetenzen, psychischen, emotionalen und biologischen Kapazitäten trainiert und die Gesundheit behütet wird, und indem eine gesunde Kultur im Unternehmen gepflegt wird: Führungsqualität, Kollegialität, Anerkennung, Zusammengehörigkeit. Der Kern sind die Unternehmenswerte und da gehört Gesundheit als eine Verantwortung für Management und Betriebsrat verankert.

Von BGF profitieren ArbeitgeberInnen wie ArbeitnehmerInnen, wenn sie gut gemacht ist. Gute BGF kann auch belasten und nicht alle Menschen sind geeignet, sofort einzusteigen. Richtig gemachte BGF-Programme spielen die Investitionen vielfach zurück. Finnische Studien zeigen einen Return on Invest von bis zum Zehnfachen, je zur Hälfte durch Senkung der Krankheitskosten und durch Erhöhung der Produktivität.

Glück auf!: Arbeitszeitflexibilisierung bedeutet meist auch Lohnkürzung. Was bedeutet es für die Gesundheit?

Karazman: Ich habe Arbeitszeitprojekte als externer Berater geleitet, die mittlerweile Geschichte gemacht haben: Polyfelt, Agrolinz oder Voest Linz. Alles Nacht-Schicht-Arbeit und in allen Projekten gab es eine Arbeitszeitverkürzung mit Lohnreduktion. Immer waren die MitarbeiterInnen umfassend einbezogen. Bei der Polyfelt stimmen heute 100% für die Verkürzung, seit 1999 ist niemand mehr in Frühpension gegangen, der Krankenstand ist seit 2000 um 25% gesunken und die Produktivät um 15% gestiegen. Und: Es wurden zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen!

Die beliebte Arbeitszeit-Frage "Geld oder Leben(squalität)" blockiert oft Arbeitgeber- wie Arbeitnehmer-Seite. Die ArbeitgeberInnen, weil Arbeitszeitverkürzung mehr Arbeitsplätze heißt und das widerspricht dem Kopfzahl-Dogma. Die Arbeitnehmer-Seite plädiert oft lieber für Zulagen und andere Mittel des gesundheitlichen Ausverkaufs. In beiden Fällen geht es um eine 180-Grad-Drehung: im Mittelpunkt steht hohes Arbeitsvermögen zu sichern, auch durch bessere Aufteilung der Anforderungen, gerade angesichts des Älterwerdens der Belegschaften.

Artikel weiterempfehlen

Teilen |
Logo der Gewerkschaft PRO-GE
Suche
GO
Wien Niederösterreich Burgenland Steiermark Kärnten Oberösterreich Salzburg Tirol Vorarlberg
Facebook YouTube Flickr Issuu

© 2009, Gewerkschaft PRO-GEImpressum | Inhalt