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Prof. Dr. Wilfried Sihn

Industrie: 4. Revolution verändert die Arbeitswelt

Glück auf!-Interview (Ausgabe 1/2015)

Experte: "Es wird Gewinner und Verlierer geben"

Prof. Dr. Wilfried Sihn ist Geschäftsführer der Forschungseinrichtung Fraunhofer Austria, Professor am Institut für Managementwissenschaften der Technischen Universität Wien und einer der führenden Experten zum Thema Industrie 4.0 in Österreich. Inwieweit das Thema schon in Österreich angekommen ist, wie sich die Produktion durch Industrie 4.0 verändern wird und welche Auswirkungen dies auf die Beschäftigten haben wird, beantwortet er im Glück auf!-Interview.

> Link zur gesamten Ausgabe mit Schwerpunkt Industrie 4.0 (PDF-Format)

Glück auf!: Seit wann beschäftigen Sie sich mit dem Thema Industrie 4.0?
Prof. Dr. Wilfried Sihn: Seit vier Jahren. Seit das Thema 2011 in Deutschland hochgekommen ist. Hintergrund war, dass man begriffen hat, dass Deutschland – so wie Österreich auch – nur durch Innovation überleben kann und dass Deutschland deshalb einen großen Innovationssprung braucht. Die Informations- und Kommunikationstechnologie sollte mit den klassischen Produkten und Prozessen, die wir heute in unserer Industriewelt haben, verbunden werden. Produkte und Prozesse sollen intelligenter gestaltet werden, um Kosten und Durchlaufzeit zu reduzieren, sodass letztlich ein Mehrwert für den Kunden entsteht. Mitte 2014 ist das Thema dann auch in Österreich angekommen.

Wird jetzt auch in Österreich in Industrie 4.0 investiert?
Die österreichische Förderstruktur ist im internationalen Vergleich schon ziemlich gut. Es gibt im Frühjahr wieder die Ausschreibung "Produktion der Zukunft", es gibt die COMET-Programme, Stiftungsprofessuren und so weiter. Auch die Stadt Wien und das Wirtschaftsministerium haben Programme aufgesetzt. Beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie wird gerade die Plattform Industrie 4.0 gegründet, die ganz zentral der Frage nachgeht, wie die Arbeitswelt der Zukunft aussehen wird. Zudem werden Demofabriken eingerichtet – die erste bei uns an der TU –, um die Auswirkungen und Chancen von Industrie 4.0 besser einschätzen zu können. Österreich tut also schon eine ganze Menge.

Wie wird sich die Produktion verändern?
In der Industrie gibt es zwei große Entwicklungen. Zum einen die Digitalisierung: In Zukunft wird es neben der realen auch eine digitale Fabrik geben, das komplette Unternehmen wird digitalisiert werden. Für alles, was es in der Realität gibt, wird es ein digitales Abbild geben. In Zukunft stellt man eine neue Maschine in die digitale Welt, wo dann Simulationsprogramme und Optimierungsprogramme laufen, die herausfinden, wie die Maschine am besten eingesetzt werden kann. Wenn Vereinigung die beste Lösung gefunden wurde, wird das Ganze in der realen Welt verwirklicht. Und irgendwann meldet die Maschine: Ich brauche eine Wartung, mein Getriebe läuft heiß. Diese Meldung geht dann in die digitale Welt, und dort wird entschieden, ob es sinnvoller ist, gleich zu stoppen und eine andere Maschine hochzurüsten oder den Auftrag noch abzuarbeiten und dann zu stoppen. Die bessere Entscheidung wird dann in der realen Welt umgesetzt.

Und die zweite Entwicklung?
Die zweite große Entwicklung ist, Anlagen und Produkte intelligent zu machen. So stattet man zum Beispiel einen Rohling mit einem Chip aus, der alle Informationen darüber enthält, was mit diesem Rohling geschehen soll, und über den der Rohling mit seiner Umwelt kommuniziert. Er sagt: "Als Erstes brauche ich eine Bohrmaschine, die ein Loch bohrt." Daraufhin meldet sich die Maschine und sagt: "Ich bin eine Bohrmaschine, aber ich habe keine Zeit." Die nächste sagt: "Ich bin eine Bohrmaschine, ich habe eine Stunde Zeit." Die Maschinen kommunizieren also miteinander und finden selber den idealen Weg.

Was bedeutet das für die Beschäftigten?
Mit Industrie 4.0 sollen Arbeitsplätze gesichert und neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Positiv ist also: Das Thema ist absolut mitarbeiterbezogen. Die negative Nachricht ist, dass Industrie 4.0 mitarbeiterbezogene Konsequenzen haben wird. Um es auf den Punkt zu bringen: Industrie 4.0 wird Arbeitsplätze kosten. Punkt. Aber: Wenn wir es richtig machen, werden wir deutlich mehr neue Arbeitsplätze schaffen, als wir verlieren. Es ist wie bei jeder technischen Neuerung, wie bei jeder industriellen Revolution: Es wird Gewinner und Verlierer geben. Insbesondere niedrig qualifizierte Arbeitsplätze sind in Gefahr und insbesondere höher und hochqualifizierte Arbeitsplätze werden entstehen. Unternehmen und Beschäftigte werden sich mit den Themen Sensorik, Aktorik, Datenübertragung, Netzwerktechnik, Cloud Computing, Big Data, dem Internet der Dinge und so weiter befassen. Was die Beschäftigten in Zukunft machen werden, ist, dafür zu sorgen, dass die Maschinen funktionieren und dass die Qualität eingehalten wird.

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