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Werden Leiharbeiter wirklich gleich behandelt?

Lohn, Weiterbildung & Co: Befragung zur AÜG-Novelle

Mit 1. Jänner 2013 ist die Novelle des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG) in Kraft getreten. Damit wurde die EU-Richtlinie zur Leiharbeit in österreichisches Recht umgesetzt. Leitprinzipien sind Gleichbehandlung und Diskriminierungsverbote.

Die Frage ist nun: Hat sich dadurch die Situation der Zeitarbeitskräfte in Österreich verbessert? Die praktischen Auswirkungen dieser Neuregelungen sind der Kern der vorliegenden Befragung: „Leiharbeit – Faktische Auswirkungen des Gleichbehandlungsgebots“.

Zur Untersuchung - Umfang und Themen

Die Untersuchung – herausgegeben von AK und PRO-GE – basiert auf Online-Befragungen von BetriebsrätInnen in Beschäftigerbetrieben (Befragungszeitraum Februar 2014, Stichprobenumfang 107, angesprochen wurden Betriebsratsvorsitzende bzw. ArbeitnehmervertreterInnen im Aufsichtsrat, damit repräsentativ für österreichische Kapitalgesellschaften).

Die Untersuchung misst die Stellung von Zeitarbeitskräften in folgenden sechs Dimensionen:

1. Bonifikationen bzw. Prämien
2. Betriebspension
3. Ist-Lohn
4. KV-Einstufung
5. Sozialleistungen
6. Weiterbildungsmaßnahmen

Gefragt wurde, ob in diesen Dimensionen

  • Zeitarbeitskräfte gegenüber der Stammbelegschaft gleichgestellt sind
  • Zeitarbeitskräfte gegenüber der Stammbelegschaft besser gestellt sind
  • Zeitarbeitskräfte gegenüber der Stammbelegschaft schlechter gestellt sind

Verbesserungen

Das AÜG hat in sämtlichen Dimensionen Positives bewirkt und eine Annäherung an die gesetzlich vorgeschriebene Gleichbehandlung gebracht. Es muss aber auch festgestellt werden, dass ZeitarbeitnehmerInnen in vielen Dimensionen nach wie vor benachteiligt werden. 

Drei Problemfelder lassen sich erkennen:

1. Die Weiterbildung:

Nach der Novelle des AÜG (§ 12 Abs. 5) sind sowohl der Überlasser als auch der Beschäftiger verpflichtet, den Zugang von LeiharbeitnehmerInnen zu Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen in geeigneter Weise zu fördern, um die berufliche Entwicklung und Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu unterstützen. 48 Prozent der BetriebsrätInnen gaben an, dass ZeitarbeitnehmerInnen in ihrem Betrieb in diesem Punkt gegenüber der Stammbelegschaft benachteiligt werden. Die Hälfte der Beschäftigerbetriebe kommt damit ihrer Verpflichtung hinsichtlich Förderung der Aus- und Weiterbildung und Unterstützung der beruflichen Entwicklung nicht nach.

2. Die Bezahlung:

Hier gibt es eine abgestufte Diskriminierung – von der kollektivvertraglichen Einstufung über die Benachteiligung bei den Ist-Löhnen bis hin zu der Nichtberücksichtigung bei Bonifikationen und Prämien. Nach wie vor stuft jeder vierte Betrieb seine LeiharbeitnehmerInnen nicht korrekt gemäß des im Beschäftigerbetrieb für vergleichbare Tätigkeiten anzuwendenden Kollektivvertrages ein. Umgelegt auf die knapp 72.000 Leiharbeitskräfte bedeutet alleine diese Benachteiligung ein „Körberlgeld“ von mehreren Millionen Euro.

3. Die Sozialleistungen:

Obwohl sich die stärkste positive Auswirkung der AÜG-Novelle beim gleichgestellten Zugang der Zeitarbeitskräfte zu Sozialleistungen zeigt, gaben immer noch 16 Prozent der Befragten an, dass Zeitarbeitskräfte in dieser Kategorie in ihrem Unternehmen benachteiligt sind. Bezogen auf alle untersuchten Dimensionen ist hier der Nachbesserungsbedarf zwar am geringsten, aufgrund der klaren rechtlichen Vorgaben allerdings am wenigsten erklärbar.

Dazu kommt noch der Sonderfall Betriebspensionen: Nicht einmal die Hälfte der untersuchten Betriebe hat eine betriebliche Altersvorsorge. So eine vorhanden ist, sind in zwei Drittel der Unternehmen ZeitarbeitnehmerInnen benachteiligt und nur in einem Drittel gleichgestellt.

Forderungen von AK & PRO-GE

  • Anspruch auf Übernahme ins Stammpersonal:

Die Mehrheit der LeiharbeitnehmerInnen strebt eine Übernahme in die Stammbelegschaft des Beschäftigerbetriebs an. Deshalb ist ihnen nach einer bestimmten Überlassungsdauer von sechs Monaten ein Übernahmeangebot zu machen. Dadurch wird auch verhindert, dass LeiharbeitnehmerInnen zu einer „Konkurrenzbelegschaft“ im Betrieb werden.

  • Beschäftigtenanteil der LeiharbeitnehmerInnen beschränken:

Der Anteil der LeiharbeitnehmerInnen (je ArbeitnehmerInnengruppe) in einem Betrieb darf zukünftig einen bestimmten Schwellenwert von maximal zehn Prozent der Belegschaft nicht überschreiten, denn sonst sind der Tendenz, Stammarbeitsplätze durch LeiharbeitnehmerInnen zu ersetzen, keine Grenzen gesetzt.

  • Mehr Transparenz in den Jahresabschlüssen:

Aktuell ist es rechtmäßig und gängige Praxis, die Kosten für Leiharbeitskräfte im Jahresabschluss unter den bezogenen Leistungen/Materialaufwand bzw. in den sonstigen Betriebsaufwendungen auszuweisen. Diese Aufwendungen werden nicht gesondert dargestellt, was die Transparenz erheblich einschränkt. Häufig fehlen zudem Angaben über die Anzahl der LeiharbeitnehmerInnen. Hier sollte im Zuge der Umsetzung der Bilanzrichtlinie (2013/34/EU) in Österreich mehr Transparenz geschaffen werden, indem die Anzahl sowie die Aufwendungen für Leiharbeitskräfte detailliert ausgewiesen werden.

  • Synchronisationsverbot bei Einsatzende:

Die einvernehmliche Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bei Ende einer Überlassung muss verboten werden. Ausnahme: Die überlassene Arbeitskraft geht unmittelbar nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber ein.

  • Kontrolle der gesetzlichen Bestimmungen:

Sowohl die arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen als auch die gewerberechtlichen Vorgaben müssen überprüft werden. Nur so kann die Einhaltung des gesetzlich verankerten Gleichbehandlungsgebots gewährleistet werden – was sowohl für die Arbeitnehmer- als auch für die Arbeitgeberseite von Bedeutung ist.

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