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Frühjahrslohnrunde 2018
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Analyse: Freizeitoption in Kollektivverträgen

Autor: Dr. Markus Marterbauer, Wirtschaftswissenschaft und Statistik, AK Wien

Soziale Innovation stabilisiert auch die Beschäftigung

Mit der Verankerung der Freizeitoption in mehreren Kollektivverträgen ist den Sozialpartnern eine der bemerkenswertesten sozialen Innovationen der letzten Jahre gelungen. Die Freizeitoption bringt nennenswerte Wohlfahrtsgewinne für die ArbeitnehmerInnen, ohne für die ArbeitgeberInnen nennenswerte Mehrkosten zu bewirken. Die Freizeitoption stellt unter Beweis, dass das europaweit mittlerweile fast einzigartige kollektivvertragliche Lohnverhandlungssystem in Österreich nicht nur wirtschaftspolitisch unverzichtbar ist, sondern auch wichtiger Träger sozialer Innovationen sein kann.

Die Freizeitoption stellt zusammen mit dem Recht auf Teilzeit während der Kinderbetreuungsphase und dem Ausbau der Bildungskarenz ein wichtiges Element innovativer Formen der Arbeitszeitpolitik dar. Damit wird ein wesentlicher Beitrag zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie und für den Aufbau der Wissensgesellschaft geleistet, eine Anpassung des Lebensarbeitsvolumens an die individuellen Bedürfnisse ermöglicht und ein entscheidender Impuls für mehr Lebenszufriedenheit gegeben. Wenn im Arbeitsleben voller Einsatz gefordert ist, dann wird Freizeit entscheidend für Gesundheit und Lebensqualität. Von der Verringerung der Wochenarbeitszeit in den Freizeitoptions-Branchen dürften aufgrund der Geschlechterstruktur überwiegend Männer profitieren; gleichzeitig bildet diese Maßnahme jedoch eine Chance für die Verringerung der unbezahlten und die Erhöhung der bezahlten Arbeitszeit von Frauen.

Die Wohlfahrtsgewinne stehen im Mittelpunkt der Zielsetzungen der Freizeitoption. Zudem kann sich das Instrument jedoch auch als eines der erfolgversprechendsten Elemente einer Politik der Sicherung der Beschäftigung in der Industrie erweisen. Dort geht die Zahl der Beschäftigten aufgrund des starken Anstiegs der Produktivität tendenziell zurück. Die Verkürzung der Arbeitszeit ist für die Erhaltung der relativ gut bezahlten, mit hohem Kapitaleinsatz und hohem technologischen Know-how verbundenen Industriejobs von großer Bedeutung.

Auf Basis empirischer Studien des WIFO zu den makroökonomischen Effekten der Verkürzung der Arbeitszeit erwarten wir, dass allein die Inanspruchnahme der Freizeitoption durch die Hälfte der ArbeitnehmerInnen die Beschäftigung in den betroffenen Industriebranchen stabilisieren kann.

Die anhaltende Eurokrise bewirkt ein recht schwaches Wachstum der Nachfrage nach Arbeitskräften, gleichzeitig steigt das Angebot an Arbeitskräften aufgrund der regen Zuwanderung aber stark. Diese Kombination führt zu einem markanten Anstieg der Arbeitslosigkeit in Österreich. Innovative Formen der Verkürzung der Arbeitszeit verringern das Arbeitskräfteangebot auf sozial verträgliche Weise und stellen so unter den gegebenen Rahmenbedingungen ein besonders wichtiges Element einer erfolgreichen Beschäftigungspolitik dar.
Die Wohlfahrtsgewinne und die Beschäftigungssicherung legen eine Ausweitung der Freizeitoption in den Branchen nahe, die hier schon vorangeschritten sind; als störende Bremse einer flächendeckenden Verbreitung hat sich bislang vor allem das Veto mancher Geschäftsleitungen ausgewirkt, hier wäre eine höhere Bereitschaft zur Innovation wünschenswert. Darüber hinaus wäre es volkswirtschaftlich sinnvoll, das Instrument der Freizeitoption mit entsprechenden Adaptierungen auch in anderen Branchen anzuwenden. Etwa im öffentlichen Dienst könnte das eine besonders interessante Option darstellen.

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